Mittwoch, 13. April 2011

Glück gehabt (ein Beinaheunfall am Seil)

Erstes schönes Sonnenwochenende im April 2011 wollten wir mal den ein oder anderen Teefunfer im Oberbergischen machen.
Einer der Caches liegt in einer Felsklippe, die ca 10m über einem See aufragt, versteckt. Das Hinterlistige ist, dass diese Klippe überhängt und man nicht einfach an die Felswand herankommt.
Flugs war das Seil eingebaut, wir behielten aber das andere Ende ebenfalls oben, damit es nicht nass wird.
Dieses Ende hatten wir erst provisorisch befestigt, ich habe es dann aber doch um einen stabileres Bäumchen mit einem einfachen Bulin (Palstek) festgemacht. (ja, der Bulin ist eigentlich nicht dafür geeignet, aber das Seil sollte ja nur vor dem ins Wasser fallen geschützt werden)

Nach mehreren Versuchen, bei denen wir das Seil immer wieder umgelegt hatten, wollte ich es mit pendeln probieren.
Ich bin dann bis unter dem Überhang am Seil heruntergegangen und versuchte dann per pendeln und stückweisem herunterlassen so in ca 4-5 m über dem See an die Wand zu kommen. Ich wollte bei einem dieser Manöver mich gerade wieder ein Stückchen ablassen, hatte kaum die Hand am Betätigungshebel des Double Stop und da öffnete das Gerät voll und ich rauschte ungebremst nach unten.
Meine Fahrt endete kurz über der Wasseroberfläche, irgendwas klatschte auf. Und dann hing ich da, schmerzende Hände, weil ich mit beiden Händen ins Seil gegriffen habe.
Mein erster Blick ging aufs Abseilgerät und was die Fahrt gebremst hat: Ich hing genau im unteren Umlenkpunkt des Seils! Was für ein Glück, dass ich das lose Seilende oben einigermassen ordentlich fixiert hatte!!
Trotz des stechenden Schmerzes in den meisten Fingern beider Hände konnte ich auf Aufstieg umbauen und sicher wieder nach oben gehen. Trotz der Handschuhe, die die Fingerkuppen freilassen, habe ich mir Brandblasen in 7 der 8 Finger geholt, die Daumen sind jeweils verschont geblieben.
Von DocWs Blogsinn

Was für ein Glück, dass wir eine Eisbox für das Grillgut und das Bier mitgenommen hatten!
Von DocWs Blogsinn

Hehe, und Ronnie hat das ganze gefilmt:


Leider pendele ich im entscheidenden Moment aus dem Bild, aber man sieht, wie ich pötzlich abwärts rausche.

Was ist passiert?

Ich verwende als Abseilgerät ein Anthron Double Stop, ein Gerät typischerweise für den Speleologeneinsatz; es hat zwar nur einen geringeren Verbreitungsgrad wie Petzl Stop oder Basic hat, es hat jedoch einige Vorteilge ihnen gegenüber.
Die Funktion ist wie folgt: Lässt man den Hebel los, blockiert das Double Stop das Seil. Auf Druck auf den Hebel beginnt die Seilfahrt bis zu einer Maximalgeschwindigkeit. Drückt man weiter, fängt das Gerät wieder an zu blockieren.
Dies ist ein sehr grosser Vorteil gegenüber Stop und Shunt etc, bei denen die Seilfahrt einzig durch Loslassen gebremst wird.
Da aber der Mensch in Paniksituationen reflexartig eher zugreift, wird unter Umständen die Seilfahrt keineswegs abgebremst, sondern es geht noch schneller abwärts.

Als Gurt verwende ich einen normalen Sportklettergurt, keinen Speleogurt. Parallel zu der Einbindeschlaufe habe ich ein Demi Round Maillard eingeschraubt, in den Croll, Spelegyca usw befestigt werden.
Von DocWs Blogsinn

Der Demi Round Maillard dient beim Speleogurt zum Verschluss des Gurtes, sitzt aber dort flach auf dem Bauch. Das Double Stop wird mit einem Karabiner in den Demi Round eingehängt und hängt dann quer vor dem Bauch.
Da aber in meinem Fall der Demi Round nicht flach, sondern quer hängt, hängt der Double Stop und damit sein Bedienungshebel quer zum Bauch.
Auf diesem Foto habe ich das simuliert:
Von DocWs Blogsinn

Und damit erklärt sich auch die Ursache für die schnelle Seilfahrt:
Ich habe den Double Stop mit dem Bauch ausgelöst! Es passt alles zusammen. Ich hatte noch gar keine Hand am Auslösehebel, beide Hände waren noch überhalb des Gerätes. Ich wollte zwar gerade mich ablassen, aber offensichtlich war ich noch gar nicht so weit. Das beweist die Tatsache, dass ich mir an beiden Händen Brandblasen zugezogen habe.
Beide Hände lagen am Seil, nicht am Abseilgerät.

Das Gerät ist also falsch eingebaut! Ich muss mir also etwas überlegen, wie ich das in Zukunft vermeide. um 180° gedreht ergibt nur eingeschränkt Sinn, denn wenn man bei der Seilarbeit gegen die Wand stässt, dann gehts auch abwärts.
Eine andere Möglichkeit ist das Hintersichern mit einer Prusik. Und natürlich die Verwendung eines Absturzschutzes mit einem zweiten Seil und einem ASAP oder Locker!

Ich kann nur von Glück sagen, dass wir über Wasser gearbeitet haben. Hätten wir über festem Grund gearbeitet, hätten wir nie das Seil dicht über der Oberfläche enden lassen. In diesem Fall hätte ich einen Grounder hingelegt.